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Schluss mit dem perfekten Lächeln: Warum Transparenz im Employer Branding wichtiger ist als perfekte Botschaften

  • Autorenbild: Marcus
    Marcus
  • 26. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

Ja, alle sind toll, haben ein fantastisches Arbeitsklima, grossartige Weiterbildungsangebote und spitzenmässige Arbeitsbedingungen...really? Überhöhte, beliebig austauschbare Arbeitgeberauftritte helfen nicht bei der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden.


Foto von Dan Wallace auf Unsplash
Foto von Dan Wallace auf Unsplash

Fachkräftemangel, Wertewandel und ein generelles Misstrauen gegenüber „glattgebügelten“ Unternehmensbotschaften prägen die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt. Kandidat:innen erwarten heute keine Hochglanzversprechen mehr, sondern nachvollziehbare Einblicke und authentische Kommunikation.

Gerade in Zeiten von Unsicherheit und Krisen zeigt sich, wie wichtig Glaubwürdigkeit und Transparenz sind. Aktuelles Beispiel: Bosch hat angekündigt, bis zu 13.000 Stellen zu streichen; weitere Unternehmen werden folgen. Für die betroffenen Menschen ist das ein tiefer Einschnitt – gleichzeitig stehen Unternehmen in solchen Momenten unter Beobachtung.


Für die Employer Branding Teams der Firmen eine echte Herausforderung: Wie kommuniziert man glaubwürdig, wenn man einerseits als Arbeitgeber attraktiv bleiben, andererseits aber harte Einschnitte erklären muss? Die Antwort liegt in ehrlicher, transparenter Kommunikation, die sowohl Chancen als auch Herausforderungen benennt.



Warum Transparenz im Employer Branding unverzichtbar ist


Hat der Hochglanzauftritt früher locker gereicht, um die benötigten Talente zu erreichen, hat sich die Situation heute dramatisch verändert. Die Kandidat:innen haben die Möglichkeit diese Behauptungen einfach zu prüfen und sie tun das auch:

  • Auf Arbeitgeberbewertungsplattformen wie Kununu oder Glassdoor.

  • In Google-Rezensionen von Standorten.

  • Über Social Media, wo Mitarbeitende und Ex-Mitarbeitende ihre Erfahrungen teilen.

Das bedeutet: Wer versucht, Probleme zu beschönigen, wird schnell entlarvt. Ein „Mismatch“ zwischen Kommunikation und Realität schadet mehr, als wenn Unternehmen ihre Situation offen darlegen.


Transparenz heisst nicht Schwächen schonungslos ausstellen


Oft gibt es Widerstände – insbesondere aus Marketing- und Kommunikationsabteilungen. Dort herrscht die Sorge, dass ein zu offener Umgang mit Problemen Bewerber:innen abschrecken könnte oder die Außenwahrnehmung beschädigt.


Doch Transparenz bedeutet nicht, jedes Detail oder jede Krise ungefiltert nach aussen zu tragen. Es geht darum, realistische Erwartungen zu schaffen:

  • Vorteile klar benennen, aber auch die Rahmenbedingungen ehrlich darstellen.

  • Herausforderungen nicht verschweigen, sondern einordnen.

  • Zeigen, was man konkret tut, um Verbesserungen umzusetzen.

Ein Beispiel: Statt „Wir bieten eine gute Work-Life-Balance“ besser schreiben: „Bei uns arbeitest du im Schnitt 40 Stunden pro Woche. In Spitzenzeiten kann es mehr werden, wir achten aber darauf, dass Belastungen ausgeglichen werden.“ Das funktioniert natürlich nur, wenn es nur in Spitzenzeiten so ist. Unternehmen, in denen das ein Dauerzustand ist, haben andere Probleme zu lösen.


Unternehmenskrisen als Stresstest für Employer Branding


Krisen wie bei Bosch oder anderen Unternehmen mit grossem Stellenabbau zeigen, wie wichtig ein konsistentes Employer Branding ist. Denn:

  • Bewerber:innen beobachten genau, wie ein Unternehmen mit seinen Beschäftigten umgeht.

  • Mitarbeitende werden zu Sprachrohren: Wer sich fair behandelt fühlt, kommuniziert das – auch nach aussen.

  • Die Glaubwürdigkeit entscheidet, ob Talente einem Unternehmen trotz Krise eine Chance geben.

Gerade in Krisenzeiten ist es daher besser, ehrlich zu kommunizieren: „Wir müssen Stellen abbauen, um zukunftsfähig zu bleiben. Gleichzeitig investieren wir in neue Geschäftsfelder und bieten Weiterqualifizierung an.“ Das wirkt realistischer und vertrauenswürdiger, als wenn nur über Chancen gesprochen wird und die Risiken verschwiegen werden.

Vorteile einer transparenten Arbeitgeberkommunikation

  • Passgenauere Bewerbungen: Wer sich trotz offener Worte bewirbt, passt kulturell besser.

  • Weniger Enttäuschungen: Neue Mitarbeitende wissen, worauf sie sich einlassen.

  • Höhere Bindung: Glaubwürdigkeit schafft Vertrauen – sowohl intern als auch extern.

  • Weniger Fluktuation: Wer mit realistischen Erwartungen startet, bleibt eher.

Kanäle für glaubwürdiges Employer Branding

Arbeitgeberbewertungsplattformen

Kununu oder Glassdoor sind für viele Talente die ersten Informationsquellen. Unternehmen sollten das nutzen:

  • Aktiv Feedback beantworten.

  • Auf Kritik konstruktiv reagieren und Verbesserungen kommunizieren.

  • Mitarbeitende ermutigen, ihre ehrlichen Eindrücke zu teilen.

Google-Bewertungen

Oft unterschätzt, aber extrem sichtbar: Rezensionen von Standorten. Wichtig:

  • Rezensionen beantworten – auch kritische.

  • Mit authentischen Fotos und Einblicken punkten.

Karrierewebsite

Die Karrierewebsite ist der zentrale Touchpoint. Transparenz heisst hier:

  • Realistische Einblicke: Fotos und Videos aus dem Alltag statt Stockfotos.

  • Echte Stimmen: Mitarbeitende dürfen auch Herausforderungen ansprechen.

  • Klare Informationen: Benefits, Arbeitszeitmodelle und Gehaltsbänder offen kommunizieren.


Social Media

LinkedIn, Instagram oder TikTok können genutzt werden, um „echte“ Einblicke zu teilen:

  • Kurze, ungeschönte Beiträge sind oft glaubwürdiger als aufwendig produzierte Videos.

  • Mitarbeitende als Botschafter:innen sind wirkungsvoller als Corporate-Kanäle.



Transparenz in Stellenanzeigen umsetzen


Stellenanzeigen sind meist der erste Kontaktpunkt. Transparenz bedeutet hier:

  • Aufgaben konkret benennen: „60 % Projektarbeit, 20 % Kundenkontakt, 20 % interne Abstimmungen.“

  • Herausforderungen ehrlich darstellen: „Hohe Reisebereitschaft erforderlich“ oder „Sie arbeiten in einem dynamischen Umfeld mit häufigen Prioritätswechseln.“

  • Arbeitgeberversprechen belegen: Statt „Wir bieten Weiterbildung“ → „Jede:r Mitarbeitende hat im Schnitt 5 Weiterbildungstage pro Jahr.“

  • Kultur realistisch beschreiben: „Wir wachsen stark – das bedeutet schnelle Entscheidungen, manchmal auch Chaos.“


So fühlen sich Bewerber:innen nicht getäuscht, sondern ernst genommen.



Wie können Unternehmen Transparenz nachhaltig verankern?


  1. Bestandsaufnahme: Welche Werte leben wir wirklich – und wo gibt es Diskrepanzen?

  2. Mitarbeitende einbeziehen: Echte Geschichten sammeln und sichtbar machen.

  3. Konsistente Botschaften entwickeln: Keine Unterschiede zwischen Marketing, HR und Realität.

  4. Feedbacksysteme etablieren: Kritik aus Bewertungen ernst nehmen und Verbesserungen umsetzen.

  5. Mut zur Offenheit fördern: Führungskräfte und Kommunikationsabteilungen schulen, mit Kritik umzugehen.



Risiken – und warum sie beherrschbar sind


Natürlich gibt es Risiken:

  • Manche Bewerber:innen werden abgeschreckt.

  • Kritik bleibt im Netz sichtbar.

Doch das grössere Risiko ist, Erwartungen zu wecken, die später enttäuscht werden. Das führt zu höherer Fluktuation, negativer Mundpropaganda und langfristigem Reputationsverlust.



Transparenz als Wettbewerbsvorteil


Gerade in Krisenzeiten zeigt sich, wer glaubwürdig ist. Unternehmen wie Bosch stehen im Fokus – nicht nur, weil sie Stellen abbauen, sondern auch, wie sie dies kommunizieren und mit den Betroffenen umgehen.


Für Employer Branding gilt:

  • Weniger Inszenierung, mehr Nachvollziehbarkeit.

  • Klare, ehrliche Kommunikation auf allen Kanälen.

  • Stellenanzeigen als Chance nutzen, Erwartungen realistisch zu setzen.

So entsteht kein Hochglanz-Image, sondern ein authentisches Bild, das Vertrauen schafft – und damit die Basis, auch in schwierigen Zeiten die richtigen Talente zu gewinnen. Übrigens ist es immer eine schlechte Entscheidung, in Krisenzeiten Employer Branding ganz zu streichen - leider wird das gerne gemacht. Denn gutes Employer Branding hilft, die an Bord zu halten, die gebraucht werden, um die Krise zu überwinden. Und: Es kommt eine Zeit nach der Krise - liegt das Arbeitgeberimage da in Trümmern, braucht es Jahre, um das wieder zu korrigieren.

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