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Ist das noch Kunst oder kann das weg - Employer Branding neu denken: Wie sich die Disziplin jetzt neu erfinden muss

  • Autorenbild: Marcus
    Marcus
  • 31. Okt.
  • 4 Min. Lesezeit

Employer Branding steckt in einer Vertrauenskrise.

Laut einer aktuellen Analyse von Employer Branding News können weniger als 20 Prozent aller Unternehmen den Return on Investment (ROI) ihrer Employer-Branding-Aktivitäten nachweisen. In vielen Fällen liegen keine belastbaren Daten vor, die belegen, dass Marken- oder Kommunikationsmassnahmen tatsächlich zu schnelleren Besetzungen, besseren Bewerbungen oder geringerer Fluktuation führen.


Das Problem liegt nicht am Konzept, sondern an der Umsetzung. Employer Branding wurde zu lange als Marketing- oder Kommunikationsdisziplin behandelt – hübsche Kampagnen, emotionale Videos, hohe Klickzahlen.

Doch: Likes zahlen keine Gehälter.

Was heute zählt, ist Impact – nicht Image.


Von der Kür zu Pflicht - Employer Branding muss seine Daseinsberechtigung darstellen.
Von der Kür zu Pflicht - Employer Branding muss seine Daseinsberechtigung darstellen.


Warum Employer Branding aktuell scheitert


Viele Employer-Branding-Teams sind hervorragend im Storytelling, aber schwach bei der Belegung von Ergebnissen. Sie feiern Engagement-Zahlen oder Reichweiten, doch diese sogenannten Vanity-KPIs (Eitelkeitskennzahlen) sagen nichts über den tatsächlichen Unternehmenserfolg aus.


Vanity-KPIs sind Kennzahlen, die „gut aussehen“, aber wenig bewirken – etwa Likes, Views oder Followerzahlen. Sie zeigen Aufmerksamkeit, aber keine Wirkung. Ein Beitrag kann 100.000 Mal gesehen werden – wenn sich aber niemand bewirbt, hat er keinen geschäftlichen Wert.


Was stattdessen zählt, sind Kennzahlen, die wirklich auf das Recruiting und die Mitarbeiterbindung einzahlen.


Zentrale Kritikpunkte an der aktuellen Praxis:


  • Fehlender Nachweis wirtschaftlicher Wirkung

  • Fokus auf kurzfristige Kampagnen statt nachhaltige Markenführung

  • Isolierte Datenwelten zwischen HR, Marketing und Recruiting

  • Fehlende Verantwortlichkeit und Business-KPIs im Employer Branding

  • Geringe Akzeptanz im Top-Management


Das Ergebnis: Employer Branding wird vielerorts als „nice-to-have“ betrachtet – und ist damit das erste Budgetopfer in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.



Warum Employer Branding trotzdem unverzichtbar bleibt


Trotz aller Kritik ist Employer Branding kein Auslaufmodell. Im Gegenteil: Der demografische Wandel, die Digitalisierung und der Wertewandel am Arbeitsmarkt machen eine starke Arbeitgebermarke wichtiger denn je.


Eine glaubwürdige, strategisch verankerte Arbeitgebermarke schafft Orientierung und Vertrauen – nach aussen wie nach innen. Sie ist der Rahmen, in dem Kultur, Führung und Mitarbeitererlebnis zusammenkommen.


Employer Branding bleibt relevant, weil es drei zentrale Herausforderungen adressiert:


  • Fachkräftemangel: Differenzierung im Wettbewerb um Talente

  • Mitarbeiterbindung: Sinn, Kultur und Entwicklung als Haltefaktoren

  • Reputation: Arbeitgeber- und Unternehmensmarke verschmelzen zunehmend


Aber: Das klassische Employer Branding – als PR-Kampagne oder HR-Schmuckstück – hat ausgedient. Die Zukunft gehört dem datengetriebenen, geschäftsrelevanten Employer Branding.



Wie modernes Employer Branding funktioniert


Die neue Generation des Employer Brandings versteht sich als strategische Brücke zwischen Markenführung, HR und Business. Sie ist datenbasiert, integrierend und kulturell verankert.


Business-Fokus und messbarer Impact


Moderne Employer-Branding-Teams denken in Unternehmenszielen, nicht in Klickzahlen.

Entscheidend sind Kennzahlen wie:


  • Time-to-Hire (Dauer bis zur Einstellung)

  • Cost-per-Hire (Kosten pro Einstellung)

  • Bewerbungs-zu-Einstellungs-Quote

  • Retention-Rate (Verbleibquote nach 12 Monaten)

  • interne Mobilität und Zufriedenheit


Diese HR-Kennzahlen werden mit Markenwerten wie Bekanntheit, Präferenz oder Trust Score kombiniert. So entsteht ein durchgängiges Wirkungsmodell – von Aufmerksamkeit über Bewerbung bis zur langfristigen Bindung.


Integration statt Parallelwelten


Employer Branding darf kein isoliertes HR-Projekt mehr sein.

Ein modernes System verbindet Daten und Prozesse entlang der gesamten Employee Journey – vom ersten Kontakt bis zum Alumni-Netzwerk.


Das gelingt nur, wenn HRIS-, ATS-, CRM- und Marketing-Systeme miteinander verknüpft sind. KI und Automatisierung helfen dabei, Datenflüsse zu analysieren und Potenziale sichtbar zu machen. So wird die Arbeitgebermarke zu einem lebenden, lernenden Ökosystem.


Authentizität statt Inszenierung


Menschen glauben Menschen, nicht Markenbotschaften.

Deshalb müssen Mitarbeitende, nicht Agenturen, im Mittelpunkt stehen. Employer Branding lebt von echten Geschichten, Einblicken und Erfahrungen.

Storytelling bleibt zentral – aber es muss erlebt statt erfunden werden.



Wer sollte den Lead im Employer Branding haben?


Employer Branding ist eine Schnittstellendisziplin – doch ohne klare Führung bleibt sie wirkungslos. Der Lead sollte bei HR bzw. Talent Acquisition liegen, denn hier fliessen Recruiting, Kultur, Retention und Entwicklung zusammen. Employer Branding ist ein People-Thema, kein reines Kommunikationsprojekt.


Das bedeutet konkret:


  • HR verantwortet die Strategie, KPIs und die Integration in Prozesse.

  • Marketing unterstützt bei Markenarchitektur, Storytelling und Kanalstrategie.

  • Daten- und Analytics-Teams liefern Insights und Messwerte für den Erfolg.

  • Führungskräfte sind Multiplikatoren und Kulturträger.

  • Mitarbeitende werden selbst als Markenbotschafter:innen aktiv einbezogen.


Das ideale Modell ist ein Co-Leadership-Ansatz: HR führt, Marketing befähigt. Beide denken von gemeinsamen Zielen aus – etwa „Hiring Efficiency“ oder „Employee Engagement“.



Voraussetzungen für den Erfolg


Bevor ein Unternehmen Employer Branding neu aufsetzt, müssen einige Grundlagen stimmen.


Eine saubere Datenbasis ist entscheidend: Nur strukturierte, aktuelle Informationen ermöglichen sinnvolle Analysen. Ebenso wichtig ist Transparenz: Mitarbeitende müssen wissen, welche Daten erhoben werden und wozu.


Darüber hinaus braucht es kulturelle Offenheit, die interne Mobilität und Lernen fördert. HR-Teams benötigen digitale Kompetenzen, um Tools, KI und Analysen souverän zu nutzen. Schliesslich braucht es klare Zuständigkeiten – Employer Branding funktioniert nur, wenn jemand die Hoheit über Strategie, Reporting und Governance innehat.



Die grössten Fallstricke


Auch das beste Konzept kann scheitern, wenn typische Stolperfallen übersehen werden:


  • Vanity-KPIs: Wenn Erfolg an Likes und Reichweite statt an Bewerbungen gemessen wird.

  • Fehlende Führungseinbindung: Ohne Management-Sponsoring gibt es weder Budget noch Priorität.

  • Kulturblockaden: Wenn Vorgesetzte Talente lieber festhalten, statt sie intern zu fördern.

  • Pflegelücken: Wenn Plattformen, Kanäle oder Karriereseiten nach dem Launch verwaisen.

  • Transparenzdefizite: Wenn Mitarbeitende nicht wissen, wie KI-Systeme Matches generieren.


Employer Branding darf keine interne PR-Übung bleiben. Es ist Unternehmensentwicklung mit kommunikativer Wirkung – nicht umgekehrt.



Die Zukunft des Employer Branding


In den kommenden Jahren wird Employer Branding noch stärker zu einem daten- und technologiegestützten Prozess.


Zentrale Trends:


  • KI & Automatisierung: Predictive Analytics und semantisches Skill-Matching ermöglichen eine präzisere Zielgruppenarbeit.

  • Employee Experience = Employer Branding: Was intern erlebt wird, bestimmt die externe Wahrnehmung.

  • Hypersegmentierung: Botschaften werden passgenauer und relevanter.

  • Purpose & Transparenz: Werte, Nachhaltigkeit und Fairness werden zum Differenzierungsfaktor.

  • Datengetriebene Steuerung: Dashboards und Echtzeitanalysen ersetzen Bauchgefühl.


Employer Branding entwickelt sich damit zu einer strategischen Schnittstelle zwischen Mensch, Marke und Daten.



Employer Branding bleibt – aber es muss reifen


Der Artikel von Employer Branding News hat recht: Der ROI des Employer Brandings ist vielerorts gebrochen. Aber das bedeutet nicht, dass die Disziplin überflüssig ist – sie steht an einem Wendepunkt.


Die Zukunft liegt in einem Employer Branding, das nicht lauter, sondern relevanter wird.

Eines, das Business-Ziele versteht, Daten nutzt, Kultur sichtbar macht und dabei den Menschen in den Mittelpunkt stellt.


Employer Branding ist damit kein Selbstzweck mehr, sondern ein echter Werttreiber:

Es schafft Klarheit über Identität, stärkt die Bindung und macht Unternehmen glaubwürdig unterscheidbar.


Oder, anders gesagt:


Employer Branding bleibt – aber nur, wenn es Wirkung beweist statt Wirkung verspricht.

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