Der ATS-kompatible CV – Kurzer Leitfaden für moderne Bewerbungen
- Marcus

- 19. Okt.
- 5 Min. Lesezeit

Da ich immer wieder mal auf das Thema angesprochen werde, hier mal ein kurzer Ausflug in die Welt der ATS-Technologie. Aber bevor hier viele Schnappatmung bekommen: Die meisten Unternehmen haben zwar Bewerbungsmanagementsysteme, die viel könnten, die wenigstens Recruiting-Abteilungen nutzen diese aber noch nicht mal annähernd aus. Also alles gut? Nein, denn das Thema kommt. Unweigerlich und unabänderlich.
Also hier mal ein kleiner Überflug.
Warum du jetzt über ATS-kompatible Lebensläufe nachdenken solltest
Immer mehr Unternehmen nutzen automatisierte Bewerbungsprozesse und setzen auf sogenannte Applicant Tracking Systems (ATS). Diese Systeme analysieren eingehende Lebensläufe automatisch und bewerten sie anhand bestimmter Kriterien.
Doch wie funktioniert das genau – und wie muss ein Lebenslauf aussehen, damit er bei solchen Systemen richtig „ankommt“? Und vor allem: Ist das in Deutschland, Österreich oder der Schweiz überhaupt schon relevant?
Tatsächlich ist der Anteil der Firmen, die im Recruiting stark auf Automatismen und KI-gestützte Systeme setzen, im deutschsprachigen Raum (noch) relativ gering.
Aber: Die Entwicklung ist unaufhaltsam. Wer seinen Lebenslauf schon heute ATS-freundlich gestaltet, hat einen deutlichen Vorsprung – besonders bei grösseren oder international agierenden Arbeitgebern.
First things first: Was ist ein ATS und wie funktioniert es?
Ein Applicant Tracking System (ATS) ist ein Bewerbermanagementsystem, das eingehende Bewerbungen verwaltet, strukturiert und häufig auch automatisch analysiert. Bekannte Anbieter sind etwa Workday, SAP SuccessFactors, Taleo, Greenhouse, Lever oder SmartRecruiters. Insgesamt gibt es inzwischen mehr als 1'000 ATS-Anbieter am Markt. Und dieser Markt ist extrem dynamisch und heterogen: Da wird gegründet, fusioniert, abgewickelt, was das Zeug hält. Und bei der Menge variiert natürlich auch Qualität und Funktionalität. Ein paar Basics haben aber für alle Systeme Gültigkeit.
Die drei Kernfunktionen eines ATS:
Verwaltung von Bewerbungen – Speicherung, Statusverfolgung, Kommunikation.
Parsing – automatisches Auslesen und Strukturieren von Lebenslaufdaten.
Matching – Abgleich der Bewerberprofile mit den Anforderungen aus der Stellenanzeige.
Hierfür greifen viele Systeme auf spezialisierte Parsing-Engines wie Textkernel, Sovren oder DaXtra zurück. Diese analysieren die Inhalte deines Lebenslaufs und ordnen sie Kategorien wie „Berufserfahrung“, „Ausbildung“ oder „Fähigkeiten“ zu.
Das Ziel:
Eine schnelle, datenbasierte Vorauswahl, bevor ein Mensch überhaupt in die Bewerbungsunterlagen schaut.
Wie verbreitet sind ATS-Systeme in Deutschland, Österreich und der Schweiz?
Während in den USA und Grossbritannien bereits ein Großteil aller Bewerbungen automatisiert erfasst und ausgewertet wird, ist die ATS-Durchdringung im DACH-Raum noch überschaubar.
Zwar setzen viele Großunternehmen und internationale Konzerne inzwischen auf Bewerbermanagementsysteme, doch:
Der Automatisierungsgrad ist meist gering.
Parsing- oder KI-basierte Matching-Funktionen werden nur vereinzelt aktiv genutzt.
Im Mittelstand, wo der Großteil der offenen Stellen entsteht, werden Lebensläufe meist noch nach wie vor manuell geprüft.
Aktuell dominiert im deutschsprachigen Raum noch der menschliche Faktor – aber die Technologie hält Einzug. Wer frühzeitig auf ein ATS-kompatibles CV-Design achtet, punktet langfristig bei Recruitern und HR-Systemen gleichermaßen.
Warum Layout und Format über Erfolg oder Misserfolg entscheiden können
Ein Lebenslauf ist heute nicht nur ein Design-Dokument – er ist ein strukturiertes Datenobjekt. Ein ATS liest deinen CV nicht visuell, sondern strukturell: Es erkennt Textblöcke, Überschriften und logische Zusammenhänge.
Komplexe Layouts mit Tabellen, Textboxen oder zweispaltigen Designs können diesen logischen Lesefluss stören. Die Folge: Falsch interpretierte oder gar fehlende Daten.
Was macht deinen CV für weniger sichtbar?
1. Tabellen
Tabellen sind für das menschliche Auge praktisch – für Maschinen aber oft problematisch.
Viele Parsing-Engines lesen Tabellen spaltenweise statt zeilenweise. Dadurch können Berufsbezeichnungen, Daten und Firmen durcheinandergeraten. Konsequenz: Das System erkennt nicht, was Zeitraum, Rolle oder Unternehmen ist.
Empfehlung: Verwende keine Tabellen – setze stattdessen auf saubere Absatzstrukturen.
2. Textboxen und Shapes
Word-Textboxen oder grafische Objekte werden von vielen ATS-Systemen gar nicht erkannt.
Wenn du also deine Kontaktdaten oder deinen Profiltext in einer Textbox platzierst, sind sie unsichtbar für das System. Das kann bedeuten, dass dein Lebenslauf ohne Namen oder E-Mail-Adresse im System landet.
Empfehlung: Einfach nicht nutzen bzw. bei Nutzung dafür sorgen, dass die Information auf anderem Weg dem System bekannt gemacht wird - zum Beispiel durch wiederholte Verwendung der Keywords an anderer Stelle im CV,
3. Zweispaltige Layouts
Zweispaltige Designs wirken modern, erschweren aber das Parsing.
Das ATS liest zuerst die linke Spalte komplett, dann die rechte – unabhängig von logischem Zusammenhang. So können Informationen falsch verknüpft werden.
Empfehlung: Einspaltig bleiben. Moderne, saubere Layouts funktionieren auch ohne Spalten perfekt.
So gestaltest du einen ATS-kompatiblen Lebenslauf
1. Das richtige Dateiformat
Word (.docx) ist am sichersten.
PDF ist möglich, wenn es textbasiert ist (nicht gescannt oder aus Bilddateien). Also idealerweise: PDF-Erstellung mit "speichern unter..." Funktion, nicht mit "Drucken"-Funktion.
→ Test: Wenn du Text markieren und kopieren kannst, ist das PDF maschinenlesbar.
2. Klare Struktur und Überschriften
Nutze klassische Abschnittstitel, die ATS-Parser erkennen:
Berufserfahrung
Ausbildung
Fähigkeiten / Skills
Sprachen
Zertifikate
Hier ist Kreativität fehl am Platz.
3. Einheitliche Reihenfolge
Für jede Station:
Position – Unternehmen – Ort – Zeitraum – Aufgaben / Ergebnisse
Das haben Systeme so gelernt, das mögen sie. Auch, wenn du es langweilig findest.
4. Klare Formatierung
Keine Tabellen, Textboxen oder Spalten.
Verwende Standardschriften (Arial, Calibri, Helvetica).
Verwende Bulletpoints für Aufgaben.
Halte dich an 1–2 Schriftgrößen (z. B. 11 pt Text, 13 pt Überschriften).
5. Keyword-Optimierung
ATS-Systeme suchen gezielt nach Schlagwörtern, die mit der Stellenausschreibung übereinstimmen. Achte darauf, relevante Skills und Fachbegriffe wörtlich zu übernehmen:
Statt „Projektleiter“ → auch „Project Manager“.
Statt „SAP HANA Erfahrung“ → „SAP S/4HANA Implementierung“.
Spiegele die Tonalität des Unternehmens - deshalb: für jede Bewerbung den CV anpassen.
Platziere deine Schlüsselbegriffe insbesondere in den Abschnitten „Berufserfahrung“ und „Fähigkeiten“.
Beispiel: ATS-Optimierte Struktur für einen Lebenslauf:
Max Mustermann
max.mustermann@email.de | +49 123 456789 | München
PROFIL
Erfahrener Projektmanager mit Schwerpunkt SAP-Implementierungen in internationalen Konzernstrukturen.
BERUFSERFAHRUNG
Projektmanager | SAP AG | Mannheim | 01/2020 – 12/2022
- Leitung von fünf internationalen SAP S/4HANA Projekten
- Einführung von Projektmanagement-Standards
- Budgetverantwortung über 1,2 Mio. EUR
...
Berater | Deloitte GmbH | München | 05/2016 – 12/2019
- Beratung von DAX-Unternehmen im Bereich Prozessoptimierung
- Entwicklung von Rollout-Konzepten und Schulungsstrategien
...
AUSBILDUNG
M.Sc. Wirtschaftsinformatik | TU München | 2016
...
SKILLS
SAP S/4HANA, Projektmanagement, Change Management, MS Project, Englisch (C1), Deutsch (Muttersprache)
...
Eigentlich einfach, oder? Und ja, ich weiss: Laaangweilig.
Aber du willst doch den Job, oder?!
Der Mensch liest immer noch mit – besonders im DACH-Raum
Auch wenn viele Bewerbermanagementsysteme theoretisch automatisiert filtern könnten:
In Deutschland, Österreich und der Schweiz werden die meisten Lebensläufe immer noch von Menschen bewertet.
Das bedeutet:
Dein CV muss beides können – technisch korrekt und optisch überzeugend sein.
Ein sauberer, strukturierter Lebenslauf zeigt Professionalität und digitale Reife – beides wird im modernen Recruiting geschätzt.
Warum sich der Aufwand jetzt schon lohnt
Auch wenn die Durchdringung von ATS-Systemen im deutschsprachigen Raum noch gering ist, wird sich das in den kommenden Jahren stark verändern.
Die Kombination aus KI, semantischer Suche und Daten-Matching wird HR-Abteilungen deutlich effizienter machen – und Bewerbungsunterlagen werden zunehmend automatisch analysiert.
Wer seinen Lebenslauf heute schon ATS-fit gestaltet,
vermeidet technische Stolperfallen,
profitiert bei internationalen Bewerbungen,
und sendet das Signal: „Ich verstehe, wie modernes Recruiting funktioniert.“
Ein ATS-kompatibler Lebenslauf ist ein professioneller Lebenslauf. Basta.
Unternehmen, bei denen Maschinen die Bewerbungen aussortieren, sind aktuell noch sehr selten im Arbeitsmarkt anzutreffen. Aber ein technisch klar strukturierter Lebenslauf ist der sicherste Weg, um in Zukunft auf beiden Ebenen zu überzeugen - bei Mensch und Maschine.
Tabellen, Textboxen und grafische Spielereien sehen zwar schön aus, aber können den Parser verwirren. Wer stattdessen auf klare Strukturen, relevante Keywords und saubere Formate setzt, optimiert seinen CV für alle Zielgruppen – HR, ATS und KI gleichermassen.
Kurz gesagt:
Der beste Lebenslauf ist der, den Menschen gerne lesen – und den Maschinen fehlerfrei verstehen.








Kommentare