Jobboards im Wandel: Zwischen Nische, Kuratierung und den Big Playern – wo Jobsuche und Recruiting heute wirklich Sinn machen
- Marcus

- vor 15 Minuten
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Wie kürzlich anlässlich des Blogbeitrags vom Persoblogger Stefan Scheller zur Zukunft der Jobbörsen auf LinkedIn diskutiert, glaube ich zwar auch, dass Jobboards an Relevanz für Jobsuche und Stellenbesetzung mehr und mehr verlieren, dürften bis dahin noch ein paar Jahre ins Land gehen. Und bis es so weit ist, macht Sinn, einen Blick auf aktuelle Entwicklung und Tendenzen im Jobbörsenmarkt zu werfen.
Der Markt für Jobplattformen ist riesig – und unübersichtlich. Neben den bekannten Platzhirschen wie LinkedIn, Indeed, StepStone, jobs.ch und karriere.at haben sich in den letzten Jahren immer mehr spezialisierte Jobbörsen etabliert. Dazu zählen Nischen-Jobboards, die sich auf bestimmte Branchen oder Berufsfelder konzentrieren, und zunehmend auch sogenannte Curated Job Boards, die nicht alles listen, sondern gezielt filtern, bewerten und auswählen.
Doch was genau unterscheidet diese Modelle? Und welche Plattform lohnt sich – für Jobsuchende wie für Recruiter?
Sind es die Big Player, mit denen man die Reichweite bekommt - vorausgesetzt, man versteht als Recruiter sein Handwerk? Sind es kleinere Spezialisten, bei denen man leichter auffällt? Es geht darum, zu verstehen, welche Art von Sichtbarkeit und Qualität man wirklich braucht.
Nischen-Jobboards – die Spezialisten unter den Jobplattformen
Nischen- oder Spezialisten-Jobbörsen konzentrieren sich auf eine klar definierte Zielgruppe. Das kann eine Branche sein (z. B. Tech, Healthcare, Finance, Nachhaltigkeit), eine bestimmte Funktion (z. B. Data Science, UX Design, Engineering) oder sogar eine Werteorientierung (z. B. soziale Unternehmen oder Remote Work only).
Bekannte Beispiele sind etwa:
Stack Overflow Jobs (für Softwareentwickler:innen)
DWDL Jobs (für Medien und Kommunikation)
Greenjobs.de (für Nachhaltigkeits- und Umweltberufe)
FashionUnited (für Mode- und Retailbranche)
Remotive.io (für Remote-First-Jobs weltweit)
Vorteile von Nischen-Jobbörsen
Hohe Relevanz: Die ausgeschriebenen Stellen passen genau zum Fachgebiet – weniger Streuverlust.
Zielgerichtete Community: Unternehmen erreichen Talente, die echtes Interesse und Erfahrung im Themenfeld haben.
Geringere Konkurrenz: Jobsuchende konkurrieren mit weniger, dafür relevanteren Kandidat:innen.
Schnellere Qualifizierung: Bewerbungen sind oft qualitativ hochwertiger, da die Passung höher ist.
Nachteile
Geringere Reichweite: Man findet weniger, wenn man breiter sucht oder mehrere Optionen offen hält.
Oft kostenintensiver für Unternehmen: Besonders kleine Firmen haben oft nicht die Mittel, um eine Vielzahl an Jobbörsen zu bewirtschaften.
Fragmentierung: Wer mehrere Interessen oder Kompetenzen hat, muss auf mehreren Portalen aktiv sein.
Kurz gesagt:
Nischenportale funktionieren hervorragend, wenn man weiss, was man will – aber weniger gut, wenn man sich noch orientiert.
Curated Job Boards – das Beste aus zwei Welten
Ein neuerer Trend im Recruiting-Markt sind Curated Job Boards – also kuratierte Jobbörsen. Anders als klassische Plattformen, die alle eingehenden Stellen veröffentlichen, wählen diese Anbieter gezielt aus, welche Jobs sie listen, und bereiten sie redaktionell auf.
Bekannte Beispiele:
50inTech (Karrierenetzwerk für Frauen in Tech)
Otta.com (bewertet Start-up-Jobs nach Kultur, Gehalt und Wachstumspotenzial)
HeyJobs Curated Lists (KI-gestützte Auswahl nach Matching-Wahrscheinlichkeit)
The Muse (stellt Arbeitgeberprofile inklusive Kultur und Benefits vor)
Wie Curated Job Boards funktionieren
Kuratierte Plattformen arbeiten ähnlich wie eine Redaktion oder ein Concierge-Service:
Sie prüfen Stellenausschreibungen, bewerten Arbeitgeber, filtern irrelevante Inhalte und zeigen nur Positionen, die bestimmten Qualitätsstandards entsprechen – etwa faire Gehälter, Diversity-Strategien oder Entwicklungsmöglichkeiten.
Manche nutzen KI, um relevante Jobs vorzuschlagen, andere setzen auf manuelle Auswahl oder auf User-Feedback.
Vorteile von Curated Job Boards
Zeitersparnis: Suchende müssen sich nicht durch endlose Listen klicken – sie sehen nur passende Optionen.
Vertrauen: Qualitätskriterien erhöhen die Glaubwürdigkeit der ausgeschriebenen Jobs.
Transparenz: Viele kuratierte Plattformen zeigen Gehaltsspannen, Unternehmenskultur oder Work-Life-Faktoren.
Weniger Streuverluste für Recruiter: Anzeigen werden gezielter wahrgenommen.
Nachteile
Kleinere Auswahl: Durch die Filterung entfallen viele potenzielle, aber vielleicht interessante Stellen.
Weniger Bekanntheit: Viele Curated Boards sind noch jung und haben begrenzte Reichweite.
Nicht für jede Branche geeignet: Vor allem Tech-, Start-up- und Kreativbranchen profitieren – weniger der Mittelstand oder der öffentliche Dienst.
Curated Job Boards sind ideal, wenn Qualität wichtiger ist als Quantität – besonders für erfahrene Fachkräfte, die gezielt nach Kultur, Impact oder Entwicklung suchen.
Die „Big Player“: LinkedIn, Indeed & Co.
Die grossen Plattformen – allen voran LinkedIn, Indeed, jobs.ch, karriere.at und StepStone – bleiben dominierende Player im Recruiting-Ökosystem. Sie kombinieren Reichweite, Algorithmen, Netzwerkeffekte und eine enorme Datenbasis.
Vorteile der großen Plattformen
Maximale Reichweite: Millionen aktive Nutzer:innen und ein breites Stellenangebot.
Algorithmen & KI: Vorschläge basieren auf Profilen, Interessen und Verhalten.
Netzwerkvorteil: Besonders bei LinkedIn kann man Beziehungen, Empfehlungen und Kontakte nutzen.
Employer Branding: Unternehmen können ihre Marke umfassend präsentieren – nicht nur Jobs.
Nachteile
Informationsflut: Zu viele Ergebnisse, oft unspezifisch oder veraltet.
Geringere Passung: Massenmarktlogik führt zu weniger präzisem Matching.
Höhere Konkurrenz: Für begehrte Positionen gibt es Hunderte Ausschreibungen, beziehungsweise Bewerbungen.
Kostenfaktor für Unternehmen: Premium-Anzeigen und Sichtbarkeit sind teuer.
Kurz gesagt:
Die Big Player sind unverzichtbar, wenn es um Reichweite, Geschwindigkeit und Sichtbarkeit geht – aber sie sind nicht immer effizient.
Was ist nun besser? – Eine strategische Abwägung
Für Jobsuchende:
Wer schnell und breit sucht (z. B. Berufsanfänger:innen, Umsteiger:innen, Generalisten), sollte Indeed, LinkedIn oder StepStone nutzen – dort findet man die grösste Auswahl.
Wer gezielt in seiner Branche sucht (z. B. Entwickler:innen, Designer:innen, Nachhaltigkeitsexpert:innen), profitiert mehr von spezialisierten oder kuratierten Boards.
Wer kulturelle Passung, Arbeitsbedingungen oder Werte priorisiert, sollte auf Curated Job Boards achten – hier sind Transparenz und Qualität oft höher.
Für Recruiter:
Wer viele Bewerbungen in kurzer Zeit braucht, ist bei den großen Portalen richtig – Reichweite schlägt Relevanz.
Wer qualifizierte Fachkräfte in Engpassmärkten sucht, spart Geld und Zeit über Nischen- oder Curated Boards.
Wer Employer Branding stärken will, nutzt LinkedIn & Co. als Ergänzung – aber nicht als alleinige Quelle.
Wirtschaftliche und strategische Bewertung
Aus Unternehmenssicht stellt sich immer die Frage: Was kostet mich ein qualifizierter Bewerber – und wie hoch ist die Conversion?
Big Player bieten Reichweite, aber zu hohen Preisen. Streuverlust ist gross und auch der sorgt für Kosten
Nischen-Boards liefern oft 5–10× höhere Conversion-Raten bei geringerem Volumen.
Curated Boards erreichen besonders stark spezialisierte Zielgruppen – weniger Bewerbungen, aber fast immer höhere Relevanz.
Während ein Lead über Indeed oder LinkedIn im Schnitt 100–250 € kosten kann, liegt er bei spezialisierten Jobboards häufig zwischen 20 und 80 €, bei besserer Passung.
Für Arbeitgeber heisst das: Weniger ist oft mehr. Wer gezielt dort investiert, wo sich die eigene Zielgruppe wirklich bewegt, spart langfristig Budget und verbessert die Candidate Experience.
Praxistipps für Jobsuchende
Kombiniere Strategien: Nutze ein bis zwei grosse Plattformen (z. B. LinkedIn, Indeed) und ergänze sie um 1–2 spezialisierte Boards deiner Branche.
Lege Alerts an: Automatische Benachrichtigungen sparen Zeit und zeigen neue, passende Angebote.
Optimiere dein Profil: Besonders bei LinkedIn – Recruiter suchen aktiv. Klare Keywords, Skills und aktuelle Projekte erhöhen Sichtbarkeit.
Nutze Kuratierung: Auf Curated Boards kannst du sicher sein, dass die Angebote real, aktuell und oft besser beschrieben sind.
Netzwerken: Auch auf kleinen Plattformen gilt: Vernetze dich mit Unternehmen, nicht nur mit Stellenanzeigen.
Praxistipps für Recruiter
Zielgruppenanalyse zuerst: Wo bewegen sich eure Wunschkandidat:innen wirklich? Fachforen? Slack-Gruppen? Spezialplattformen?
Test & Learn: Nutzt kleine Pilotkampagnen auf Nischen-Boards – die Conversion-Daten sprechen für sich.
Kombiniertes Modell: Reichweite über LinkedIn & Indeed, Qualität über spezialisierte Plattformen.
Employer Brand nutzen: Auch auf kleinen Boards ist die Art der Kommunikation entscheidend – authentisch, prägnant, ohne Floskeln.
ROI messen: Trackt, aus welchem Kanal die besten Bewerbungen kommen – und investiert dort gezielt nach.
Relevanz schlägt Reichweite
Die Jobbörsenlandschaft hat sich professionalisiert – und differenziert.
Während die grossen Plattformen den Massenmarkt dominieren, bieten spezialisierte und kuratierte Jobboards heute echte Alternativen: höhere Qualität, weniger Streuverlust, mehr Effizienz.
Für Jobsuchende heisst das:
Kombiniere Breite mit Tiefe – nutze die Big Player für Reichweite und Curated/Nischen-Boards für Präzision.
Für Recruiter gilt:
Denke in Zielgruppen, nicht in Klickzahlen. Qualität der Bewerbungen zählt mehr als Quantität der Views.
Denn am Ende ist die erfolgreichste Jobplattform immer die,
auf der die richtigen Menschen miteinander ins Gespräch kommen – nicht die meisten.








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